Das Hamam als sozialer Treffpunkt für Frauen

Das Hamam als sozialer Treffpunkt für Frauen

FRAUEN IM HAMAM 
Das türkische Bad spielte eine wichtige Rolle bei der Sozialisation und Segregation von Frauen und Männern. Öffentliche Bäder gab es in jeder Stadt und in den meisten Dörfern und waren für alle geöffnet, unabhängig von Rang und Status. Ein Hamam war in der Regel nach Geschlechtern getrennt. Männer und Frauen hatten unterschiedliche Räume oder unterschiedliche Zugangszeiten zum Bad. Die Gäste wurden dabei von Bademeistern im Hamam bedient – die Frauen von einem “Natir”, die Männer von einem “Tellak”.  
Insbesondere für die Frauen war der Hamam ein Ort zum sozialen Austausch 
Insbesondere für Frauen war der Hamam nicht nur ein Ort zur rituellen und körperlichen Reinigung, sondern ein Ort zum sozialen Austausch. 
Die Bäder spielten für das soziale Leben der Frauen eine wichtigere Rolle. Im Gegensatz zur männlichen Bade-Tradition, suchten die Frauen das Bad gemeinsam in Gruppen auf. Die Vorbereitungen auf den Besuch im Bad galten als soziale Aktivität an sich. Die Elemente für die Bade-Zeremonie wurden sorgfältig vorbereitet. In alten Darstellungen von Frauen (etwa ein monumentales Torso aus Qasr-al-Mashatta aus der ummayadischen Periode) zeigen sie mit Körben befüllt mit Parfümen, Kämmen, Bade-Accessoires und Kosmetika für das Baden.   
Kunstvolle Bade-Accessoires 
Eine Frau verwendete 13 bis 14 verschiedene Accessoires während des Bade-Rituals – kunstvoll gefertige Stücke und Zeugnisse dafür, wie reich die türkische Badekultur war. Jede Familie verfügte über eine Sammlung an „ Bade-Schalen“ – Symbole für ihren Rang und ihren Wohlstand. Die größeren Schalen wurden von den Männern, die kleineren von den Frauen genutzt. Bade-Schalen gab es in mehreren Variationen: dicke und runde Schalen aus Silber, Bronze oder Kupfer – kunstvoll dekoriert mit Reliefen und Einlagen. In einem ovalen Behälter mit einem Tragegriff sowie Löchern im Boden (wie bei einem Sieb) verstaute man Seifen, Kämme sowie sogenannte keses, ein für die Bade-Zeremonie vorgesehener Peeling-Handschuh. In Behältern aus Metall und in Form eines Kürbis wurde der Schmuck aufbewahrt, das man vor dem Baden ablegte. Die Spiegel waren oval oder rund mit Rahmen aus Holz oder Silber.
Im Bad wurden spezielle Pantoffeln getragen. Die Bade-Pantoffeln – sogenannte „nalins“ – waren aus Holz und wurden in verschiedenen Formen gefertigt und verziert. Die nalinshatten einen großen Absatz, um viel Abstand zum Boden zu haben. So kamen die Füße nicht mit dem Seifenwasser auf dem Boden in Kontakt. Bade-Pantoffeln wurden mit Glöckchen aus Silber verziert. Deren Klang begleitete die wogenden Bewegungen der jungen Frauen. Die begehrtesten Kämme, ob groß oder fein, waren aus Elfenbein gefertigt und mit Gold und Silber versehen. Dünne Handtücher in verschiedenen Webearten – pestemal – wurden beim Baden und zum Verhüllen des Körpers getragen. Sie waren mit filigranen Stickereien verziert. Hochqualitative pestemals wurden zu jener Zeit in Bursa gewebt  und gefertigt. Nach dem Baden hüllten sich insbesondere Frauen in Kleidung, die ihren Stand in der Gesellschaft postulierten. Die Bekleidung und Accessoires galten somit als Status-Symbole für den Wohlstand des Badenden. 
Neben dem Reinigen und Schwitzen ging es im Hammam um die Schönheitspflege. Frauen epilierten sich den ganzen Körper. In der Regel mit Zuckerpaste” aus Wasser, Zucker und Zitronensaft. Bis heute kann man sich in Hamams eine Ganzkörper-Wachsung mit Zuckerpaste machen lassen.

Das Hamam als Begegnungsstätte bei wichtigen Anlässen

Im Bad ging es nicht nur um die Reinigung und Körperpflege. Die Bäder fungierten als Begegnungsstätte bei wichtigen Anlässen. Zum Beispiel beim „Braut-Bad“. Das Braut-Bad wurde einen Tag vor Beginn der Hochzeits-Feierlichkeiten abgehalten. Dabei besuchte die Braut mit ihrer Familie und Freunden das Bad. Dabei wurde musiziert und gegessen. Diese Tradition wird bis heute in Ländern des Mittleren Ostens und der Türkei gepflegt.
Weitere Beispiele für Anlässe, die im türkischen Bad abgehalten wurden sind die Folgenden. Das 40-Tage-Bad, das den 40. Tag nach der Geburt eines Kindes markierte. Das „Tränen-Bad“, das von allen Freunden und Verwandten gemeinsam 20 Tage nach dem Tod eines Mitmenschen aufgesucht wurde. Das „Gäste-Bad“, zu dem der Gastgeber Freunde und Verwandte einlud, um einen speziellen Gast vorzustellen. Das „Feiertags-Bad“, das am Vorabend von religiösen Feiertagen abgehalten wurde.
Wenn ein Mann seiner Frau den Besuch im Hamam verweigerte oder kein Geld dafür zur Verfügung stellen konnte, galt dies als Scheidungsgrund vor dem kadi (Richter im osmanischen Reich). 
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